VW in der Belastungsprobe: Zwischen Sonderschichten und Stillstand
Uneinheitliche Auslastung erschüttert VW‑Standorte
Wolfsburg läuft heiß, Emden, Hannover und vor allem Osnabrück kämpfen mit leerer Auftragslage: Die Produktionsbänder bei Volkswagen stehen 2025 an vielen Tagen still, während ausgewählte Werke Überstunden und Sonderschichten leisten. Die Schieflage offenbart, wie unterschiedlich der Konzern auf die Transformation zur Elektromobilität reagiert und welche Folgen das für Beschäftigte in Niedersachsen hat.
In Osnabrück, dem derzeit größten Problemfall, arbeiten noch rund 2 300 Beschäftigte. Dort läuft aktuell nur das T‑Roc Cabrio vom Band und auch dessen Produktion ist nur bis Herbst 2027 sicher. Für die kommenden Monate plant das Werk mehrere Schließwochen und eine Verkürzung der Arbeitswochen, weil die Nachfrage nicht ausreicht. Alternativen für die Beschäftigten bleiben ungewiss.
Auch Emden, das einzige reine Elektrowerk in Niedersachsen, ist weit von voller Auslastung entfernt. Waren es früher rund 250 000 Fahrzeuge pro Jahr, belief sich die Produktion 2024 auf knapp 123 000 Einheiten. Gespräche über mehrere Schließtage bis Jahresende liegen auf dem Tisch, und einzelne Mitarbeiter wurden gebeten, vorübergehend in Wolfsburg auszuhelfen.
In Hannover reagiert VW Nutzfahrzeuge mit einer Schließwoche in den Herbstferien und dem Wegfall von 140 befristeten Stellen. Die Nachfrage nach leichten Nutzfahrzeugen in Europa ist rückläufig, und der erwartete Umstieg auf elektrische Modelle verläuft langsamer als prognostiziert. Gleichwohl liegen die Auslieferungen mancher E‑Modelle im ersten Halbjahr 2025 deutlich über dem Vorjahr.
Anders die Lage in Wolfsburg: Das Stammwerk produziert 2024 mehr als eine halbe Million Fahrzeuge und soll 2025 rund 600 000 erreichen. Der Golf bleibt länger im Werk als ursprünglich geplant, dadurch helfen derzeit gut 350 Beschäftigte aus anderen Standorten mit. Modelle wie Golf, Tayron, Tiguan und Touran laufen dort weiter vom Band und dämpfen regionale Arbeitsplatzrisiken.
Politik, Gewerkschaften und Konzern am Zug
Die Debatte um Zukunftstechnologien und politische Rahmenbedingungen verschärft die Unsicherheit. Konzernchef Blume betont, dass Elektromobilität erforderlich sei, um Klimaziele zu erreichen, und fordert erneut staatliche Unterstützung. Die IG Metall fordert Förderprogramme für Käufer und günstigere Energie, damit der Hochlauf der E‑Mobilität sozial abgesichert werde.
Experten sehen das Dilemma als zweischneidiges Schwert: Einige Werke hängen noch vom Verbrennergeschäft ab, andere sind auf den schnellen Ausbau der Elektromobilität angewiesen. Entscheidungen über Produktionsverlagerungen, Modellzyklen und mögliche neue Aufträge entscheiden in den kommenden Monaten über Arbeitsplätze und Standortperspektiven.
Für tausende Beschäftigte in Niedersachsen bleibt die Lage angespannt. Betriebsräte und Landespolitik haben bereits Widerstand gegen Einschnitte angekündigt, während der Konzern interne Umverteilungen und zeitlich befristete Maßnahmen plant. Klar ist: Die Branche befindet sich mitten in einem tiefgreifenden Umbau, dessen soziale und wirtschaftliche Folgen in den Werken vor Ort spürbar sind.